Mit seinen bezüglich ihrer Form- und Farbsprache einzigartigen Malereien schafft der niederländische Künstler Sander van Deurzen (1975, Venlo NL) eine skurrile und karnevaleske Welt, in der bizarre Figuren und abstrakte Formen eine wunderlich groteske Atmosphäre erzeugen. In seiner zweiten Einzelausstellung bei Barbara Seiler übersetzt van Deurzen seine schwungvoll atmosphärische Malgeste mittels plastischer Arbeiten erstmals in den realen Raum.

Meow Gallery: The gallery is empty.

Während in seiner ersten Ausstellung bei Barbara Seiler (2010) düstere Farben wie Schwarz und Olivgrün dominierten, eröffnet die Ausstellung „Please fix my horn (my breaks don’t work)“ einen farbenprächtigen Mikrokosmos, in dem Pink, für den Künstler eine Farbe des Aufbruchs und der Blüte, eine zentrale Rolle einnimmt. Die spezifische Farbpalette sowie der dynamisch schwungvolle Duktus in den Werken, erzeugt durch mit Schwämmen aufgetragene wässrige Acrylfarbe, charakterisieren Sander van Deurzens Malerei. Die Flüchtigkeit und Instabilität dieser malerischen Geste verweist ihrerseits auf die Thematik der Vergänglichkeit, eine Thematik, die die Arbeiten auch auf inhaltlicher Ebene entscheidend prägen.

In Anbetracht der Flächigkeit der schwungvoll aufgetragenen Farbe schafft Sander van Deurzen in seinen mehrheitlich grossformatigen Malereien eine beeindruckende Raumtiefe. Durch das Zusammenfallen von Vorder- und Mittelgrund eröffnet der Künstler Räume, die mit den präzise platzierten Gegenständen an die Grundkomposition eines Stilllebens erinnern. Bewusst orientiert sich van Deurzen dabei an traditionellen Themen der holländischen Malerei wie der Vergänglichkeit, Mortalität und der Fragilität des Lebens – Themen, die besonders in den Vanitas-Stillleben von Pieter Claesz oder David Bailly Mitte des 17. Jahrhunderts zum Ausdruck kommen. Darin wird die Darstellung lebloser, optisch reizvoller und/oder luxuriöser Gegenstände durch im Bild enthaltene Verweise auf die Hinfälligkeit dieser irdischen Eitelkeit ergänzt, durch Sinnbilder der Vergänglichkeit wie Totenschädel, welkende Blumen und umgestürzte oder zerbrochene Gläser.

Im Gegensatz zu derartigen Stillleben des Barock sind van Deurzens leblose Gegenstände – flüchtig mit ein paar Pinselstrichen angedeutete Spielzeugfiguren aus Plastik wie umgestürzte Fabelwesen oder Buddha Skulpturen sowie Kartenhäuser, die jeden Moment drohen in sich zusammenzufallen – nicht auf die Ergänzung durch symbolisch aufgeladene Gegenstände der Vergänglichkeit angewiesen, sondern tragen diese durch ihre Zugehörigkeit zur auf dem Wegwerfgedanken basierenden Massenkultur bereits in sich. Neben der inhaltlichen und kompositorischen Referenz auf das barocke Stillleben, erinnert die Bildkomposition von van Deurzens Malereien zusätzlich an eine Bühne oder Theaterkulisse. Wie von Scheinwerfern beleuchtet werfen die Kartenhäuser, Fabelwesen, Kuben und Trichter dramatisch lange Schatten und wirken dabei wie verlassene Requisiten, die sämtliche Bedeutsamkeit oder Bestimmung verloren haben. Im Hintergrund, am hinteren Ende der Tischplatte oder der Bühne, erheben sich farbenprächtige, wülstige Gebilde oder eine gefrässige, monströse Gestalt, die dem Raum einerseits zusätzliche Tiefe verleihen und andererseits die Nichtigkeit der Gegenstände im Vordergrund durch ihre schieren Monumentalität zusätzlich herausstreichen.

Einen sonderbaren und seltsam verlassenen Eindruck erwecken auch die Rohre, die sich durch den Galerieraum winden. Plastikrohre, die ihr Dasein in der Regel im Dunkeln fristen, orientieren sich in ihrer Farbigkeit und ihrer dynamischen Form stark an van Deurzen Arbeiten auf Leinwand und nehmen hinsichtlich ihrer Fragilität und ihrer vermeintlichen Instabilität die Thematik ebendieser wiederum in sich auf. So können auch sie als Gegenstände des Zerfalls gelesen werden, die vor allem durch ihre Austauschbarkeit und bedingte Lebensdauer gekennzeichnet sind.